Auf dem Weg nach Nepal – Blog

Geh‘ es langsam an…

„Gehe es leicht an mit mir, bitte. Berühre mich zart wie eine Brise an einem Sommerabend. Nimm‘ dir Zeit, mach‘ es langsam….ruhig, ruhig…lass‘ einfach das Gefühl wachsen.

Mach‘ deine Finger weich und leicht und deinen Körper zum Samt der Nacht. Berühre meine Seele – du weißt wie. Ruhig, ruhig…gehe langsam mit mir voran.

Ich bin deine Musik, ich bin dein Lied. Spiele mich immer immer wieder und stärke mich. Bring‘ mich zum Singen, bring‘ mich zum Klingen…ruhig, ruhig, betrete vorsichtig mein Innerstes… geh‘ langsam voran…bitte, lass‘ mich nicht fallen.

Es ist ein Glanz in deinen Augen wie das Gefühl von tausend Schmetterlingen. Bitte sprich‘ nichts, spiel‘ weiter…geh‘ langsam voran….und lass‘ mich davon fliesen.

Ich bin deine Musik, ich bin dein Lied. Spiele mich immer, immer wieder und stärke mich. Bring‘ mich zum Singen, bring‘ mich zum Klingen…ruhig, ruhig, betrete vorsichtig mein Innerstes…geh‘ langsam voran…bitte, lass‘ mich nicht fallen.

…bring‘ mich zum Singen, bring‘ mich zum Klingen, …ruhig, ruhig, betrete vorsichtig meinen Innerstes…geh‘ langsam voran….oh bitte, lass‘ mich nicht fallen.“

ABBA 1980, Songtext „Andante, Andante“, Album „Super Trouper“

Prädikat: Delikat!

Ich hab‘ ja zugegebener Maßen eine Schwäche für Lieder in Dialekt: echt, ursprünglich, kernig und unverbogen. Bayerisch, steierisch…mog‘ i. Nach S.T.S. ist derzeit ein besonders schöner Export aus Austria, der mein Herz höher schlagen lässt, Pizzera & Jaus.

Zum ersten mal bin ich über das Duo auf der Rückfahrt aus dem Österreich-Urlaub gestolpert. Wir standen im Stau und mussten wegen dem Verkehrsfunk Ö3 hören…das muss 2019 gewesen sein😉. Ich bin mir nicht mehr sicher, ob es tatsächlich das „Tuansackl“ war….ist aber auf jeden Fall der erste Song der beiden, den ich in Dauerschleife hörte, weil er mich einfach auf allen Ebenen unterhält. Immer noch. Und immer wieder.

Ich mag die Mischung aus mehrstimmigen G’sang, G’schichten und Schmäh – keiner kann’s derzeit wie Paul Pizzera und Otto Jaus. Gefunden haben sich die beiden 2013 bei der „langen Nacht des Kabarett“ in Leoben. Da sprang der ausgebildete Sänger, Schauspieler und Kabarettist Otto Jaus kurzfristig ein und bei einem Zigaretten-Päusel traf er auf den Kabarettisten und Musiker Paul Pizzera, der bis dahin schon mit Musik-Kabarett als Solo-Programmen über die österreichischen Bühnen tingelte. Der Beginn einer wunderbaren Freundschaft!

2015 veröffentlichen sie ihren ersten gemeinsamen Song, 2017 folgt das Album „Unerhört solide“ – das hat mittlerweile Doppel-Platin-Status. Und was soll man sagen: koaner singt so schee die zwoat Stimm wie der Jaus: die G’sangsausbildung hörst jede Minute raus und gibt des Songs eine unglaubliche qualitative Tiefe…naja, Höhe trifft es besser! Schon mit 9 Jahren sang der 38-Jährige bei den Wiener Sängerknaben, nach der Ausbildung zum Technischen Zeichner bekam er doch noch die Kurve und studierte Schauspiel, Gesang und Tanz in Wien. Neben seinem Pendant und Ricky Martin aus der Steiermark Paul Pizzera wirkt er genau so: unerhört solide. Ja, ich gestehe, dass mir der steierische Bursche mit seinen knapp 34 Lenzen nicht nur musikalisch auffällt…er ist auch optisch ein echtes Schmankerl und was mich halt zu guter Letzt‘ zum Schmelzen bringt, ist der ehrliche Humor der beiden, egal ob sie ihn in Worten oder in Harmonien ausdrücken.

Deswegen: zu Recht räumen Pizzera & Jaus seit 2017 bei den Amadeus-Award ab. Unbedingt gehört haben muss man eigentlich das Album „Wer nicht fühlen will, muss hören“. Das ganze. 2019 veröffentlicht, schaffte es sogar in Deutschland den Sprung in die TOP 100. Vielleicht muss sich der/die ein oder andere die Texte übersetzen lassen, aber die Mühe ist es wert. Auch hier macht es die Mischung aus ernsten und lustigen Songs, aus ruhigen und schnellen Rhythmen, aus harter und weicher Gitarre – geschlagen. Und gezupft.

Da werde ich zur Dauerschleifenhörerin. Der Soundtrack meines Lebens hat dank Pizzera & Jaus 10 neue Titel für ALLE schöne, traurige, schwierige und freudige Momente im Leben.

Vielleicht kein Zufall, dass S.T.S und Pizzera & Jaus generationenübergreifend den Großvater besingen – S.T.S aus der Sicht des Enkels, und Pizzera & Jaus aus der Sicht des Opas. Verbunden und getrennt werden sie durch genau eine Textzeile: „Großvota, kannst du net obakumman auf an schn’n Kaffee?“ – „Nua owakumman werd i ned, a fia kan schnölln Kaffee!“ Deswegen: zuhör’n, reinlegen, und bitte – bringen S‘ mir noch a bisserl Schlagobers!

Apropos: den neuesten Coup „FRMDGHN“ der beiden darf ich als Sahnehäubchen an dieser Stelle auch nicht vorenthalten – ist aber nur was für starke Nerven! Und das Video sei nur für Frauen mit akutem Männerhass empfohlen, die sich aufgrund des besungenen Themas auch auf Berge von Eiskrem und Taschentüchern stürzen – da kann frau sicher ein paar Aggressionsfantasien abbauen – allen anderen könnte es dann doch auch auf den Magen schlagen. Wie kommentierte eine Nutzerin auf Youtube:

…’s nächste mal zupfen’s wieder 😉

I can still feel the breeze

Der erste schöne Frühlingssonntag im neuen Jahr! Kribbelig und neugierig macht sich die zarte Sonne auf der Haut und in der Laune sofort bemerkbar: Draußen weht eine Prise Neuanfang und Optimismus durch die Luft und zu der großen Tasse Kaffee, die ich mir gerade eingeschenkt habe, brauchen ich jetzt noch einen smoothen Sound im Hintergrund – und der kleine, glücklichen Moment mit mir und der Wochenendausgabe der Zeitung wird perfekt!

Ich krame ein bisschen in den Online-Playlists, dann drängt mich mein innerer Beat zum „Tschika-Tscha-Ha-Ha“ von Boyzone, eingebettet im „Notting Hill“-Soundtrack. Ein wenig nostalgisch schwelge ich im Sound der 90er und versinke in meiner Zeitungslektüre.

Dann das: ein einfaches Gitarren-Picking, das wummerige Gejammer ein Bontempi-Orgel, angetrieben von einem Soul-Drum-Beat eröffnen einen Song. Mein Herz stolpert. Ein Geigenregen setzt ein, dann eine verzweifelte, samtige männliche Stimme: Warum hat mir keiner von den Sorgen erzählt? Was lässt die Erde weiterdrehen? Wie kann ein Verlierer jemals gewinnen? Wie schaffst du es, dass die Sonne nicht mehr scheint? Wie kann man ein gebrochenes Herz heilen?

Ich horche auf, und kann nicht mehr von dem Song lassen. „How can you mend a broken heart“, gesungen von Al Green. Ich höre auf Dauerschleife. Die Mischung aus Herzschmerz und Weitergetriebenwerden, Frauenchor und Geigen am Himmel, während unten die Welt zusammenbricht…alles liegt manchmal so nah beieinander…und dieser Song hat dies alles in seinem groovigen Sound, seinem stetigen Aufbau und seinem souligen Drive. Al Green ruft mir zu: „I just wanna live again!“ und – ja, Baby! Die Ladies im Background lassen dich nicht fallen: sie lassen dir alle Möglichkeiten, damit dein gebrochenes Herz bald wieder geheilt ist, und auch die Sonne auch für dich wieder scheint – an diesem wunderbaren Sonntagmorgen tut sie das für uns alle.

Dabei stammt „How can you mend a broken heart“ aus der Feder von niemand geringeren als Barry und Robin Gibb: ein Bee Gees-Klassiker aus dem Jahr 1971! Ihr erster Platz 1-Hit in den US-Single-Charts – aber eigentlich ein ganz anderes Lied…zarter, zerbrechlicher mit den fragil wirkenden Kopfstimmen der Gibb-Brüder – die Harmonien des mehrstimmigen Gesangs sind mir zu soft – zu harmonisch. Ich mag den Beat von Funk & Soul lieber. Ich stoße beim Stöbern im Internet auf einen Artikel auf NME.com – letztes Jahr kam tatsächlich auch eine Dokumentation in Spielfilmlänge heraus „The Bee Gees: How Can You Ment a Broken Heart“. Da ein regulärer Kino-Start im Jahr 2020 schwierig blieb, ist der Film schon als DVD und in anderen Formaten veröffentlicht. Die Rezensionen sprechen von einem sehenswerten Werk…das schaue ich mir in nächster Zeit gerne mal.

Al Green hat den Song schon 1972 für sein Album „Let’s stay together“ gecovert, ihn aber charaktervoll zu seinem eigenem gemacht. Und für diese Version danke ich ihm mit frühlingsvollem Herzen, denn auf dieser süßen Woge zwischen Vergehen und Werden, Loslassen und Hoffen, werde ich sicher noch einige warme Tage mit schwimmen.

WineTime – Musiker im Lockdown, Part I: Gitarre färben wie die alten Ägypter

Ein Zwitscher-Funk-Protokoll 🙂 :

Gitarrist: „Ja, auf’s richtig live Musik machen freu‘ ich mich auch schon megamäßig.

Und weil die Vorfreude so stark ist, habe ich mich entschieden, meine schwarze Stratocaster-Gitarre schöner zu machen, indem ich sie einem speziell von mir entwickelten Alterungsprozess unterworfen habe. Die Küche dient mir zur Zeit als Künstler-Gitarren-Atelier. Meine Frau hat sie schreiend und schockiert verlassen!“

….“Ok, ein paar Dinge sind mir aus dem Ruder gelaufen: ich sag‘ nur alternative Farbexperimente aus dem alten Ägypten – aber das krieg‘ ich wieder hin. Und dann kann ich die Gitarre auch wieder unter Leuten spielen.

Ich: „OMG!! Jetzt bin ich echt neugierig…ich hoffe, die Küche ist auch noch nutzbar! Das musst du mir mal erzählen, wie man im alten Ägypten Gitarren gefärbt hat.“

Gitarrist: „z.B. mit Kurkuma. Ich habe da die hochwirksame Dr. Wolz Curcumin Extrakt 45-Kapseln meiner Frau verwendet. OK, das war schon der Moment als die positive Grundstimmung gekippt ist.

„Das nächste Mal arbeite ich:

  • bei guter Beleuchtung
  • nicht nach 24 Uhr
  • und vor allem nicht unter Alkoholeinfluss – er hat meine künstlerischen Entscheidungen nach der zweiten Flasche Wein leicht negativ beeinflusst.

Aber ich wollte auch gegen 2:30 Uhr endlich fertig werden und mit dem Küche putzen wollte ich dann gleich in der Früh‘ starten. Mein zweiter Kardinalfehler.

Merke: don’t drink and drive. 😉

WineTime – Die Framusvorbilder

Musikinstrumente aus Franken haben es um die ganze Welt geschafft. Heute noch spielen Künstler wie Wolf Maahn oder Phil Campbell (Motörhead) auf Framusgitarren, allerdings haben diese Modelle doch etwas von ihrem Charme der 50-er und 60-er Jahre verloren.

Framus begann die Herstellung von Zupfinstrumenten erst 1947. Die Leitung der Gitarrenabteilung hatte bis 1948 Walter Höfner inne, der spätere Erfinder der wohl berühmtesten elektrischen Bassgitarre, dem „Beatles Bass“. Walter Höfner verließ Framus im Streit, nahm die halbe Belegschaft mit und reaktivierte die Firma seines Vaters Karl Höfner, die heute noch nördlich von Bubenreuth ihre Meisterinstrumente herstellt.

Framus Zenith No. 17 (c) Wikimedia Commons

Mitte der 50-er Jahre bekam Paul McCartney eine Trompete zum Geburtstag, weil sein Vater selbst Bläser war. Die Enttäuschung konnte nicht größer sein, denn Paul wollte musizieren und gleichzeitig singen. Er bat seinen Vater, das Instrument gegen eine Gitarre eintauschen zu dürfen und schloss einen Ratenkauf für eine Framus Zenith No.17 ab. Diese Gitarre hat McCartney heute noch.

Framus Star Bass 5/150 (c) gitarrebass.de

Einer der ersten Werbeträger (Endorser) für Framus war der langjährige Bassist der Rolling Stones, Bill Wyman. 1962, nachdem die Stones ihren ersten Plattenvertrag in der Tasche hatten, kaufte Wyman in einem Londoner Musikladen einen roten Framus Star Bass für 275 Pfund Sterling. Auch Bill Wyman hat seine Bässe heute noch, zum Teil sind sie in seinem Restaurant „Sticky Fingers“ zu bestaunen, einen davon gab er als Leihgabe ans Framus-Museum in Markneukirchen. Vor ein paar Jahren wurde der Framus Star Bass 5/150 als Replik für 1.700 Euro neu aufgelegt. Das nenne ich eine verpasste Gelegenheit.

Aber auch im Jazz waren die Framus-Instrumente zuhause. Beispielhaft sollen zwei Vertreter genannt werden, die mit Framus gespielt und aufgenommen haben – Attila Zoller (Gitarre), der später auch Signature-Modelle bekam, und Oscar Pettiford (Kontrabass). Ein berühmtes Stück ist „Blues in the closet“ und auch wenn Jazz nicht jedermanns Sache ist, waren hier doch zwei Meister am Werk. https://www.youtube.com/watch?v=peVBAfmWGz0

(c) framus-vintage.de

Natürlich war der Framus Kontrabass auch für Schlager und Tanzmusik geeignet. Allerdings sagen mir „Die Starlets“ nicht viel, die u.a. als „Endorser“ für den Kontrabass genannt werden. Die Combo um Sängerin Nana Gualdi soll aber in den 50-er und 60-er Jahren hitparadentauglich gewesen sein. Lieder wie „Tanze niemals Tango mit ’nem Eskimo“, „Die Männer mit den grauen Schläfen“, „Sieben Mal in der Woche“ und „Hör‘ mein Lied Elisabeth“ taugen heute immer noch, um das Tanzbein zu schwingen.

Post von Framus

Es wäre nun an der Zeit, das Framus-Museum zu besuchen, um vor Ort in die deutsche Gitarren- und Instrumentengeschichte einzutauchen. Leider ist auch dieses Museum in Markneukirchen im Moment ein Opfer der Coronapandemie und derzeit geschlossen. Hans-Peter Wilfer, der Sohn des Framus-Gründers, antwortete zwar nach fünf Minuten auf meine Anfrage, hatte aber keine guten Nachrichten. So kommt der Besuch auf meine „bucket list“ und irgendwann wird es soweit sein. In der Zwischenzeit übe ich Kontrabass…

WineTime – Framus Cutaway

500 Kilometer sind es nach Essen. Essen im Ruhrgebiet. Das Navi bringt uns zielsicher, aber nicht schneller, in das Zentrum von Essen ins Motel One. Am nächsten Tag fahren wir nach einem langen Frühstück und einem kurzen Spaziergang durch die City zu Bernd.

Der 1955 Framus Cutaway

Mein Favorit ist ein Framus Cutaway Bass aus den 50-er Jahren. Genauso spannend wie sein Aussehen ist seine Geschichte, die 1917 mit der Geburt von Fred Wilfer bei Schönbach im ehemaligen Sudetenland (Tschechien) beginnt. Schönbach (das heutige Luby) war seit dem 17. Jahrhundert ein Zentrum des Geigenbaus und wurde in einem Atemzug mit Cremona, der Heimat Stradivaris, genannt. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts arbeiten in Schönbach über 1.500 Menschen im Instrumentenbau, der allerdings mit dem Kriegsende ein jähes Ende nimmt, als die überwiegend deutsche Bevölkerung zuerst enteignet und später vertrieben wird. Fred Wilfer gelang es in den Nachkriegsjahren 2.000 Schönbacher nördlich von Erlangen in Bubenreuth anzusiedeln und 1946 die Fränkische Musikinstrumentenerzeugung Fred A. Wilfer KG – kurz Framus – zu gründen. Bis zum Konkurs 1977 war Framus die größte Gitarrenfabrik Europas, baute aber auch weiterhin klassische Streichinstrumente. Obwohl die Nachfolgefirma Warwick 1995 inkl. der Namensrechte an Framus in den Musikwinkel nach Markneukirchen (Vogtland) umzog, gibt es in Bubenreuth heute noch Handwerksbetriebe für Musikinstrumente. Ein spannendes Stück deutscher (Wirtschafts-)Geschichte und unbedingt lesenswert. (https://de.wikipedia.org/wiki/Framus), (https://www.bubenreutheum.de), (https://www.framus-vintage.de/de/modules/modells/modells6273.html)

Bernd kommt uns mit einer Tasse Kaffee entgegen und hat den Bass für mich schon nach vorne gestellt. Er sieht in echt noch besser aus als im Netz und auf seiner virtuellen Stirn steht RocknRoll. Das Sunburst-Finish sieht klasse aus und die kleinen Kratzer und Macken sind Zeugen seines „Rentenalters“. Mit den aufgezogenen Darmsaiten slappt Bernd den Framus kurz an und es ist sofort klar, dass dieser Bass unmöglich in den Ruhestand gehen darf. Im Vergleich zum störrischen Bass der Musikschule fühlen sich Saiten und Saitenlage des Framus super an. Was ein Unterschied. Ich zupfe auch noch an einem Kay-Bass von 1939 mit Sensicore-Saiten und auch dieser groovt richtig los. Ich merke, dass die Saiten zum Bass passen müssen und dass Bernd weiß, was zueinander passt (http://www.kontrabassist.com/kontrabaesse-und-zubehoer/kontrabass-saiten/index.php).

Der 1963 Cadillac

Bernd zeigt mir noch die Bässe, die er sich hat bauen lassen. Richtige Brummer, die auch unverstärkt Betrieb machen. Auf seiner ersten Eigenanfertigung haben Peter Kraus, Shakin‘ Stevens, Lee Rocker (Stray Cats) und Bryan Adams unterschrieben, mehr RocknRoll geht fast gar nicht.

Wir lernen Bernds Frau Yil kennen, die es aus Stuttgart ins Ruhrgebiet verschlagen hat und verquatschen fast drei Stunden. Bernd kennt The Cash aus Ulm und happy six aus Waghäusel, die Rockabilly-Community ist überschaubar groß. Ich bekomme noch Tips zu Tonabnehmern, suche mir eine Tasche aus und Bernd schenkt mir noch eine CD seiner Mobile Jukebox. Mobil und unverstärkt seien sie meist unterwegs, aber richtig Lust hätte er mal wieder auf Bühne und Strom. Das kann ich gut verstehen. Beim Verabschieden öffnet Bernd noch kurz die Garage und zeigt mir seinen cremefarbenen 1963-er Cadillac. Ein ellenlanges Gefährt in bestem Zustand. Jetzt bin ich für klassische Autos definitiv der falsche WineTimer, aber dass dieses Schmuckstück zu RocknRoll passt ist unstrittig.

Die Mobile Jukebox CD

Wir packen den Framus Cutaway Bass aus dem Jahr 1955 in einen ganz und gar normalen Volkswagen und machen uns auf den Heimweg. Ich habe bei diesem Bass ein sehr gutes Gefühl und reihe mich jetzt in die Riege der Framus-Besitzer ein. Die Liste von Musikern, die auf Framus Gitarren und Bässen spielen oder gespielt haben ist Verpflichtung genug, diese Herausforderung anzunehmen und bietet genug Stoff für einen eigenen Artikel.

WineTime – Der Kontrabass oder Corona ist Mist

Boogie Woogie – bloß weg

Es war halt nicht meins. Natürlich ist das Klavier ein schönes Instrument und nachdem wir in Oberschwaben eines zuhause hatten, war der Weg zu Klavierstunden nicht weit. Der langjährige Dirigent des Musivereins Stadtkapelle Bad Waldsee Günter Kuno und meine Deutschlehrerin Frau Fleischer gaben sich alle Mühe…im Gegensatz zu mir. Ich erinnere mich an ein lindgrünes Notenbuch mit Bachstücken und an ein blaues Heft mit Boogie-Woogie, aber an die Melodien nicht mehr. Nicht eine.
Dem Umzug nach Leonberg 1979 folgte ein Vorspiel an der örtlichen Musikschule, um mich für einen der begehrten Plätze für Klavierunterricht zu qualifizieren. Ich spielte ein Stück von Bach aus dem lindgrünen Buch. Das Ergebnis war Warteliste mit wenig Aussicht auf ein kurzfristiges Nachrücken. Aber, so wurde mir mitgeteilt, meine Größe und Statur seien prädestiniert für Kontrabass, ob ich nicht…? Wollte ich nicht. Wie cool ist Kontrabass mit 13? Eben.

Vierzig Jahre später spiele ich Bass. Akustisch und elektrisch. Nicht besonders gut, aber doch mit einer gewissen Leidenschaft und auch mit dem Drang zum gelegentlichen Üben. Klar, Sting spielt besser, Bryan Adams auch, Paul McCartney sowieso, eigentlich spielen alle besser. Aber nicht alle spielen Kontrabass! Wie cool ist Kontrabass mit 54? Eben. Die Schnupperstunde in der örtlichen Musikschule war fix organisiert, das Formular für ein paar Abostunden heruntergeladen und der Leihbass für die Sommermonate gebucht und mit nach Hause genommen…check. Bereit für Oktober 2020!
Die Hülle des Leihbasses riecht „eingesperrt“, fristete sicher im fensterlosen Lager der Musikschule ein trauriges Dasein. Dem 3/4 Kontrabass selber fehlt am Stachel der Gummipfropfen, der Abstand der Saiten zu Griffbrett ist immens groß und auf Arco (Bogen) aus- bzw. eingerichtet, das ganze Instrument „schreit“ Schülerbass für den klassischen Einsatz. Keine optimalen Voraussetzungen für einen motivierten Schüler, der RocknRoll und Swing zupfen möchte. Einen Schüler mit einem gewissen finanziellen Spielraum. Ich könnte doch mal schauen…

Wo kauft man einen Kontrabass? Die Musikalienhandlung mit dem t (sprich d) im Namen preist ihre Bässe ab 600 Euro an…Klimakammerholz aus Rumänien, industriell gehärtetes Holz als Griffbrett, um die Ebenholzwälder zu retten. Schön und gut, aber das ist doch etwas fad. Ein Geigenbauer vielleicht? Vom Schwarzwald bis nach Mittenwald bieten einige wenige, aber dafür wirkliche Künstler vollmassive Meisterbässe an…ab 12.000 Euro. Das Thema „gewisser finanzieller Spielraum“ hat sich damit erledigt.
In den Kleinanzeigen auf ebay tummeln sich die Privatverkäufer – gebrauchte Kontrabässe von „reparaturbedürtig“ bis „spielfertig“, von 1.000 bis 9.000 Euro, die Informationen in den Anzeigen unvollständig bis zweifelhaft. Keine Chance für einen Laien.

B&B mal anders – Bässe bei Bernd

Irgendwann taucht in einem Internetforum der Name Bernd Eltze auf. Als Berufsmusiker hat er eine Homepage, die sich über google leicht findet (www.kontrabassist.com). Die Bildergalerie ist ein Eldorado für alle RocknRoller und alle Vintage-Bands, die sich der Musik der 50-er und 60-er verschrieben haben. Links am Rand taucht die Rubrik „Gebrauchte Bässe & Zubehör“ auf…bingo. Acht oder neun Bässe stehen zum Verkauf, in Holz, in Sunburst, in ungewöhnlichen Lackierungen. Alle mit Steckbrief, alle mit Charakter, alle spielfertig. Ich habe sofort einen Favoriten, zwei andere in der engeren Wahl, und schicke das Formular einfach mal ab.

Nach 30 Minuten klingelt das Telefon „Hallo, hier ist Bernd, Du suchst einen Bass?“. Ich lerne im folgenden Telefonat mehr über Bässe als während der Internetrecherche der letzten Wochen. Ich lerne aber auch, dass Corona für einen Berufsmusiker ohne Auftritte großer Mist ist. Der Verkauf von Teilen seiner Sammlung geschähe „nicht ganz freiwillig“, aber ich wäre herzlich willkommen, mir die Bässe mal anzusehen und probezuspielen.
Als die beste Ehefrau der Welt aus dem Büro kommt, sage ich „Schatz, wir fahren nächste Woche nach Essen“. „Welches Restaurant?“. „Schatz, nicht zum Essen, nach Essen!“. „Welches Essen?“. „Essen im Ruhrgebiet“.

Don’t look down, just look up

Oh mein Gott….Tag 98 in der Krise. Krise! Wie unglaublich mir dieses Wort auf die Nerven geht – gleich gefolgt von „Dynamische Entwicklung“ und „Aktuelle Lage“. Dazu noch ein kreatives Kreis-Piktogramm als Stecknadel-Kissen garniert und ich bekomme Kopfschmerzen. Ich kann es nicht mehr hören, kann nicht mehr darüber nachdenken, und weigere mich, weiter Sondersendungen und Live-Streams zu schauen! Die C*Krise ist einfach nur noch lästig wie ein Kaugummi am Schuh. Genauso wie der feuchte Geruch einer baumwollenen, doppelt genähten Mund-Nase-Maske. Oder Lockerungen. LOCKERUNGEN!! Sie sind es, die mich eigentlich fertig machen. Lock-Down war hart…keine Frage! Aber es war alles klar. Für viele Tage am Stück….ging einfach NICHTS! Und das galt für ALLE! Und das war seine paradoxe Weise GUT!! Eine klare Ansage – ohne wenn und aber.

Heute regiert keine C*Krise mehr unser Leben, sondern es herrscht nur noch das volle C*Chaos!!! Ich bin nur noch dauerflexibel und  multitasking am permament umstrukturieren. Alles ist alle zwei Tage  irgendwie anders…keiner weiß mehr, wann er sich wo mit wem unter welchen Bedingungen treffen kann. Fußball ja, Chor nein, draußen…äh…ja, wie viele? drinnen nur Kännchen, Schule 14-tägig, ansonsten nur Mittwoch und  Freitag und Web-Konferenzen jetzt nur noch über Zeams und nicht mehr über yellow stripe….ich blicke nicht mehr durch. Dazu habe ich  im letzten halben Jahr noch mindestens 25 neue Accounts auf Plattformen angelegt, denen ich aus Datenschutzgründen nie beitreten wollte, und die Reproduktion wahllos vergebener Passwörter fegt mir nun täglich als kalter Brainstorm durchs Hirn. Ich bin müde vom DauerkreativlösungenimChaosfinden und seeeeeeeehne mich nach Beständigkeit, Regeln ohne Ausnahmen und Freunde ohne Abstand.

Dabei ist alles so sinnvoll! Und richtig! Wir haben DISTANZ gehalten, HÄNDE gewaschen, NIES-ETIKETTEN eingehalten und kennen eine nie da gewesene Gelassenheit beim Schlange stehen. Wir haben mit „nichts tun“ einfach unglaublich viele Menschenleben gerettet und eine Katastrophe verhindert! Aber es fühlt sich nicht so an…weil der Sturm ausgeblieben und erstmal an uns vorbei gezogen ist. Und ich sehe es ein und genieße es ja auch, dass wir unsere Lebensbereiche jetzt wieder öffnen. Ändern. Eine neue Mitte finden. Eine ungekannte Normalität einzieht. Wir können stolz auf uns sein….auch wenn zwei Herzen in meiner Brust schlagen. Meine krisengeschüttelten Gefühle peitschen nur noch und ständig zwischen „Gebt mir mein altes Leben zurück!“ und „Auf in ein neues Zeitalter!“ wild aus!

Tanzpaar

Aber jetzt nicht stehen bleiben!! Etwas orientierungslos fühle ich mich im Krisenchaos. Kleine Schritte machen, aber weitergehen – das ist das einzige, was hilft! Kleine Schritte machen, auch wenn mir keiner sagen kann, wohin der Weg geht. Das Geschaffte nicht aufgeben, nur weil es unglaublich nervt! Das Gelernte nicht ignorieren, nur weil es unbequem ist. Nehmen wir eine neue Routine mit, aber lassen wir uns nicht von unseren Plänen und Träumen abhalten. Also Kopf nach oben! Heiratet! Singt! Tanzt! …und beachtet die Hygiene-Regeln 😉

…wenn du nur lächelst

Jetzt ist es soweit. Die Maskenpflicht kommt. Es ist beschlossene Sache, das ab kommenden Montag beim Einkaufen und in öffentlichen Verkehrsmitteln ein Mund-Nasen-Schutz getragen werden. Ich habe diese Entscheidung gefürchtet. Die C*Krise rückt sichtbar näher. Tag 40.

Die letzten Tage spüre ich immer öfter, welche Spuren 5 Wochen Shutdown in mir hinterlassen. Gefühle durchbrechen bei kleinster Regung unerwartet und ohne Hürde die vermeintlich stabile Fassade. Ohne Zukunft und langfristige Perspektive zu leben, erschüttert mich zusehends. All‘ die Dinge, auf die ich mich oft schon lange Zeit gefreut habe… nichts davon wird stattfinden. All‘ die großen und kleinen Träume… gefühlt muss man ständig alles beerdigen. Sich vertrösten, verarzten auf irdendwann. Kopf hoch, weitermachen. Lächeln. Es wird schon. Irgendwann. Nach der Krise. Es wird schon.

Eigentlich darf ich nicht jammern…die ersten Lockerungen werden diskutiert und wir haben, rückwirkend betrachtet, die ersten 5 Wochen gut überstanden. Doch es ist auch klar, dass es dabei nicht bleiben wird. Der konsequente Kontaktverzicht kann nicht unendlich in die Länge gezogen werden. Die Wirtschaft ächzt unter dem Druck und noch viel mehr lechzen die Menschen nach einer Umarmung und Fürsorge und einem Lächeln. Nach Hoffnung. Einer meiner Horror-Vorstellungen in dieser Krise ist in einem der eingerichteten Not-Krankenhäuser zu liegen, vermummt und schwer krank auf einem Feldbett. Um mich herum nur Vermummte, die verzweifelt und mit letzter Kraft die vielen Kranken versorgen wollen, aber nicht können. Fremde Augen schauen mich aus Ganzkörper-Schutzkleidung an. Der Mund ist nicht zu sehen. Worte schlecht zu verstehen. Kein Lächeln. Dann zu wissen, dass keiner kommen wird, um auch nur kurz bei mir zu sein, meine Hand zu halten, mir ein aufmunterndes Lächeln zuzuwerfen… unmenschlich die Vorstellung, dass Menschen hier, in Italien oder irgendwo anders auf der Welt so mutterseelenallein sterben mussten. Das kann nicht richtig sein. Hinter dem Haus steht der Kühlwagen.

Deswegen fühlt sich dieser Mundschutz auch für mich nicht gut an. Ich verstehe, dass er sinnvoll ist. Vernünftig. Aber ich sehe so gerne ein herzhaftes Lachen, ein verschmitztes Lächeln, eine beleidigte Schnute, eine aufgeregt zitternde Unterlippe, ein nervöses Knabbern, kleine, traurig hängende Mundwinkel, einen verstohlenen Kuss! Das alles bleibt nun an Gefühlen und Menschlichem dahinter verborgen. Deswegen werde ich jede verdammte Gelegenheit nutzen, bei der ich anderen Menschen eine Freude, ein Lächeln schenken kann. Auf dem Markt. An meinem Wägelchen beim Blumen verkaufen, beim Einkaufen-helfen, beim Gottesdienst filmen, beim Masken nähen. Nichts wird uns abgenommen, von dem was kommen wird. Aber wenn es einen Moment voll Hoffnung und Licht bringt, dann ist es gut. Dann lasst es uns machen und lächelt!

Nähanleitung Mundschutz

Lose your blues

Juhuuuu….Geburtstag!! So klingt es derzeit NICHT, wenn das zweitbeste Jahres-Ereignis nach Weihnachten vor der Tür steht… eher ein bisschen krumpelig schielt man auf eigentlich frohe Ereignisse in Zeiten der C*Krise. Tag 22.

Ich frage mich, warum viele aus meinem Freundes- und Familienkreis im März und April Geburtstag haben… in diesen Tagen habe ich Zeit, ernsthaft darüber nachzudenken. Meine Lieblingshypothese ist ein sehr schöner und kurzweiliger Urlaub unserer Eltern im „Sommer davor“, aber was wissen wir schon? Gesichert ist lediglich die Sache mit den Blümchen und Bienchen 🙂

Sunshine

Puh, dieses Jahr ist es mit den Geburtstagen allerdings wirklich schwierig… Zum einen fällt dank dem Fasten sozialer Kontakte die Party – vom Kind bis zum Greis – einfach aus. Ob der verdiente 70. Geburtstag oder der sehnlichst erwartete 16. … die Krise verschont keinen. Zum anderen ist derzeit auch gar niemandem so richtig und unbeschwert zum Feiern zumute. Lieber freut man sich leise… und ist viel dankbarer für das, was gut ist und uns heute keine Sorgen bereitet: alle, die ich liebe, sind gesund. Wir haben alle noch Arbeit und die nächsten 4 Wochen kommen wir aus. Wir können im Homeoffice arbeiten und sicher Zuhause sein.

In den letzten Wochen sind für mich die Medien wichtiger denn je geworden. Mittlerweile ist in unserer Tageszeitung fast eine Doppelseite voll mit „Freude-Anzeigen“. Da gratulieren und grüßen sich Enkel und Großeltern, Freund*innen und alle, die sich nicht sehen dürfen, aber Sehnsucht haben, mit hoffnungsvollen Worten, persönlichen Bildern und herzlichen Reimen. Ich mag es, für eine Millisekunde an den Leben, Hoffnungen und Wünschen dieser Menschen beteiligt zu sein und dem Gefühl, sich nicht unterkriegen zu lassen.

Und ich freue mich an den sozialen Medien, die doch nicht nur zum Zeitrauben unseres jugendlichen Nachwuchses gut ist, sondern tatsächlich die Menschen trotz Kontaktsperre und Kontaktverbot zusammenbringt, sie zusammen lachen, weinen und leben lässt.

Und so feiern wir ein kleines bisschen trotzdem… trotz Krise, trotz Sorgen, trotz Angst.  Schenken wir uns Freude, Hoffnung und Mut. Ein Lachen, eine helfende Hand, eine liebe Geste. Es ist Zeit aus der Schock-Starre zu erwachen und da zu helfen und uns einzubringen, wo wir nur können, um gemeinsam und mit viel positiver Energie und miteinander diese Krise zu meistern.

Meine schönsten Geschenke waren dieses Jahr das gemeinsame Skype-Bier mit meinen besten Freunden, 3 Rollen Klopapier und eine Playlist mit optimistischen Liedern von meiner Tochter zum Geburtstag. Letzteres kann ich mit allen teilen 😉