
Mein Favorit ist ein Framus Cutaway Bass aus den 50-er Jahren. Genauso spannend wie sein Aussehen ist seine Geschichte, die 1917 mit der Geburt von Fred Wilfer bei Schönbach im ehemaligen Sudetenland (Tschechien) beginnt. Schönbach (das heutige Luby) war seit dem 17. Jahrhundert ein Zentrum des Geigenbaus und wurde in einem Atemzug mit Cremona, der Heimat Stradivaris, genannt. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts arbeiten in Schönbach über 1.500 Menschen im Instrumentenbau, der allerdings mit dem Kriegsende ein jähes Ende nimmt, als die überwiegend deutsche Bevölkerung zuerst enteignet und später vertrieben wird. Fred Wilfer gelang es in den Nachkriegsjahren 2.000 Schönbacher nördlich von Erlangen in Bubenreuth anzusiedeln und 1946 die Fränkische Musikinstrumentenerzeugung Fred A. Wilfer KG – kurz Framus – zu gründen. Bis zum Konkurs 1977 war Framus die größte Gitarrenfabrik Europas, baute aber auch weiterhin klassische Streichinstrumente. Obwohl die Nachfolgefirma Warwick 1995 inkl. der Namensrechte an Framus in den Musikwinkel nach Markneukirchen (Vogtland) umzog, gibt es in Bubenreuth heute noch Handwerksbetriebe für Musikinstrumente. Ein spannendes Stück deutscher (Wirtschafts-)Geschichte und unbedingt lesenswert. (https://de.wikipedia.org/wiki/Framus), (https://www.bubenreutheum.de), (https://www.framus-vintage.de/de/modules/modells/modells6273.html)
Bernd kommt uns mit einer Tasse Kaffee entgegen und hat den Bass für mich schon nach vorne gestellt. Er sieht in echt noch besser aus als im Netz und auf seiner virtuellen Stirn steht RocknRoll. Das Sunburst-Finish sieht klasse aus und die kleinen Kratzer und Macken sind Zeugen seines „Rentenalters“. Mit den aufgezogenen Darmsaiten slappt Bernd den Framus kurz an und es ist sofort klar, dass dieser Bass unmöglich in den Ruhestand gehen darf. Im Vergleich zum störrischen Bass der Musikschule fühlen sich Saiten und Saitenlage des Framus super an. Was ein Unterschied. Ich zupfe auch noch an einem Kay-Bass von 1939 mit Sensicore-Saiten und auch dieser groovt richtig los. Ich merke, dass die Saiten zum Bass passen müssen und dass Bernd weiß, was zueinander passt (http://www.kontrabassist.com/kontrabaesse-und-zubehoer/kontrabass-saiten/index.php).

Bernd zeigt mir noch die Bässe, die er sich hat bauen lassen. Richtige Brummer, die auch unverstärkt Betrieb machen. Auf seiner ersten Eigenanfertigung haben Peter Kraus, Shakin‘ Stevens, Lee Rocker (Stray Cats) und Bryan Adams unterschrieben, mehr RocknRoll geht fast gar nicht.
Wir lernen Bernds Frau Yil kennen, die es aus Stuttgart ins Ruhrgebiet verschlagen hat und verquatschen fast drei Stunden. Bernd kennt The Cash aus Ulm und happy six aus Waghäusel, die Rockabilly-Community ist überschaubar groß. Ich bekomme noch Tips zu Tonabnehmern, suche mir eine Tasche aus und Bernd schenkt mir noch eine CD seiner Mobile Jukebox. Mobil und unverstärkt seien sie meist unterwegs, aber richtig Lust hätte er mal wieder auf Bühne und Strom. Das kann ich gut verstehen. Beim Verabschieden öffnet Bernd noch kurz die Garage und zeigt mir seinen cremefarbenen 1963-er Cadillac. Ein ellenlanges Gefährt in bestem Zustand. Jetzt bin ich für klassische Autos definitiv der falsche WineTimer, aber dass dieses Schmuckstück zu RocknRoll passt ist unstrittig.

Wir packen den Framus Cutaway Bass aus dem Jahr 1955 in einen ganz und gar normalen Volkswagen und machen uns auf den Heimweg. Ich habe bei diesem Bass ein sehr gutes Gefühl und reihe mich jetzt in die Riege der Framus-Besitzer ein. Die Liste von Musikern, die auf Framus Gitarren und Bässen spielen oder gespielt haben ist Verpflichtung genug, diese Herausforderung anzunehmen und bietet genug Stoff für einen eigenen Artikel.