Oh mein Gott….Tag 98 in der Krise. Krise! Wie unglaublich mir dieses Wort auf die Nerven geht – gleich gefolgt von „Dynamische Entwicklung“ und „Aktuelle Lage“. Dazu noch ein kreatives Kreis-Piktogramm als Stecknadel-Kissen garniert und ich bekomme Kopfschmerzen. Ich kann es nicht mehr hören, kann nicht mehr darüber nachdenken, und weigere mich, weiter Sondersendungen und Live-Streams zu schauen! Die C*Krise ist einfach nur noch lästig wie ein Kaugummi am Schuh. Genauso wie der feuchte Geruch einer baumwollenen, doppelt genähten Mund-Nase-Maske. Oder Lockerungen. LOCKERUNGEN!! Sie sind es, die mich eigentlich fertig machen. Lock-Down war hart…keine Frage! Aber es war alles klar. Für viele Tage am Stück….ging einfach NICHTS! Und das galt für ALLE! Und das war seine paradoxe Weise GUT!! Eine klare Ansage – ohne wenn und aber.
Heute regiert keine C*Krise mehr unser Leben, sondern es herrscht nur noch das volle C*Chaos!!! Ich bin nur noch dauerflexibel und multitasking am permament umstrukturieren. Alles ist alle zwei Tage irgendwie anders…keiner weiß mehr, wann er sich wo mit wem unter welchen Bedingungen treffen kann. Fußball ja, Chor nein, draußen…äh…ja, wie viele? drinnen nur Kännchen, Schule 14-tägig, ansonsten nur Mittwoch und Freitag und Web-Konferenzen jetzt nur noch über Zeams und nicht mehr über yellow stripe….ich blicke nicht mehr durch. Dazu habe ich im letzten halben Jahr noch mindestens 25 neue Accounts auf Plattformen angelegt, denen ich aus Datenschutzgründen nie beitreten wollte, und die Reproduktion wahllos vergebener Passwörter fegt mir nun täglich als kalter Brainstorm durchs Hirn. Ich bin müde vom DauerkreativlösungenimChaosfinden und seeeeeeeehne mich nach Beständigkeit, Regeln ohne Ausnahmen und Freunde ohne Abstand.
Dabei ist alles so sinnvoll! Und richtig! Wir haben DISTANZ gehalten, HÄNDE gewaschen, NIES-ETIKETTEN eingehalten und kennen eine nie da gewesene Gelassenheit beim Schlange stehen. Wir haben mit „nichts tun“ einfach unglaublich viele Menschenleben gerettet und eine Katastrophe verhindert! Aber es fühlt sich nicht so an…weil der Sturm ausgeblieben und erstmal an uns vorbei gezogen ist. Und ich sehe es ein und genieße es ja auch, dass wir unsere Lebensbereiche jetzt wieder öffnen. Ändern. Eine neue Mitte finden. Eine ungekannte Normalität einzieht. Wir können stolz auf uns sein….auch wenn zwei Herzen in meiner Brust schlagen. Meine krisengeschüttelten Gefühle peitschen nur noch und ständig zwischen „Gebt mir mein altes Leben zurück!“ und „Auf in ein neues Zeitalter!“ wild aus!
Aber jetzt nicht stehen bleiben!! Etwas orientierungslos fühle ich mich im Krisenchaos. Kleine Schritte machen, aber weitergehen – das ist das einzige, was hilft! Kleine Schritte machen, auch wenn mir keiner sagen kann, wohin der Weg geht. Das Geschaffte nicht aufgeben, nur weil es unglaublich nervt! Das Gelernte nicht ignorieren, nur weil es unbequem ist. Nehmen wir eine neue Routine mit, aber lassen wir uns nicht von unseren Plänen und Träumen abhalten. Also Kopf nach oben! Heiratet! Singt! Tanzt! …und beachtet die Hygiene-Regeln 😉